Forschungsprojekte

Die Macht der Medien – oder: Ein guter Ruf entsteht nicht auf Knopfdruck.

Längst sind immaterielle Ressourcen als strategische Erfolgsfaktoren und damit als nachhaltige Treiber des Unternehmenserfolges bekannt. Der Unternehmensreputation als zentraler Vorläufer von Vertrauen kommt dabei eine besondere Rolle zu. In einer immer kritischeren Gesellschaft, in der Stakeholder zunehmend Rechenschaft von Unternehmen fordern, gilt es diesen herausragenden Vermögenswert nicht nur zu sichern, sondern bestmöglich zu managen. Corporate Reputation wird allgemein als die Beurteilung und Wertschätzung eines Unternehmens durch seine verschiedenen Anspruchsgruppen aufgefasst. Doch die individuelle Meinung einer Person basiert zum Großteil auf der subjektiven Wahrnehmung von Unternehmensaktivitäten über die Zeit. Der Unternehmenskommunikation kommt an dieser Stelle eine mitunter maßgebliche Rolle zu, da die tägliche Berichterstattung zu einem nicht unwesentlichen Teil auf den herausgegebenen Pressemitteilungen basiert. Umso mehr verwundert es, dass laut jüngsten Umfragen nur 58% der PR-Agenturen oder Pressestellen den von ihnen betreuten Unternehmen eine konkrete Strategie für den Aufbau von Reputation attestieren.

Nachrichtenmedien wiederum gelten in der Gesellschaft als unabhängige Beobachter, die über Innovationen, soziales Engagement und Fördermaßnahmen von Kunst, Kultur und Sport genauso wie über die Verschönerung von Abgaswerten, Manipulation von Zinssätzen oder Fracking-Plänen in der Arktis berichten. Um Kommunikationserfolg zu quantifizieren reicht es nicht aus, Berichterstattung ausschließlich zu messen. Um die tatsächliche Macht der Medien und damit einen kausalen Zusammenhang zur Meinung der breiten Öffentlichkeit herzustellen, muss die Berichterstattung mit subjektiven Einschätzungen der Gesellschaft modellhaft verknüpft werden. Nur so lässt sich herausfinden, welche Art von Informationen wie in der Masse verstanden, verarbeitet, interpretiert und schließlich gelernt werden. So haben Martina Panico, Sascha Raithel und Elena Michel (2014) bereits einen Hinweis darauf gefunden, dass insbesondere negative Berichte zur Fachkompetenz von Unternehmen im Gegensatz zu Berichten über Schwächen im Bereich CSR die Wahrnehmung eines Unternehmens als guten Arbeitgeber bestimmen. Die Rolle des Unternehmens als Arbeitgeber ist jedoch nur einer von diversen Treibern der Reputation, und so bleibt bislang ungeklärt, auf welche Themenbereiche Unternehmen zum langfristig effektiven Reputationsmanagement bauen sollten.

In Kooperation mit der PRIME research international GmbH & Co. KG analysiert das Institut für Marktorientierte Unternehmensführung daher den Zusammenhang zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung der DAX30 Unternehmen. Übergreifendes Ziel ist es mit Hilfe empirischer Analysen zu klären, welchen Einfluss medial vermittelte Nachrichten auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in Unternehmen ausüben und unter welchen Umständen dieser Effekt intensiviert werden kann.

Quellen:

  • Schwaiger, M. (2004): Components and Parameters of Corporate Reputation – an Empirical Study, in: Schmalenbach Business Review (sbr), 56, 46-71.
  • Panico, Martina, Sascha Raithel, and Elena Michel (2014): The Effect of Media Coverage on Employer Reputation, in: Journal of Media Economics, 27, 181-98.
  • News aktuell / Faktenkontor: Reputation. Wie Unternehmen ihren guten Ruf aus Spiel setzen. Whitepaper zum PR-Trendmonitor 2015. Abgerufen unter https://www.newsaktuell.de/whitepapers/reputation?utm_campaign=reputation091215&utm_medium=click&utm_source=treibstoff&_ga=1.54729827.979371124.1450084778.

„Warum es sich lohnt ein ehrbarer Kaufmann zu sein“.

In einem mehrere Jahre dauernden Forschungsprojekt haben sich Manfred Schwaiger und Sascha Raithel dem Zusammenhang zwischen der Reputation eines Unternehmens und seinem Marktwert gewidmet und sind damit der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen die von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommene Reputation einer Firma auf deren Aktienkurs hat. Als Datenbasis dienten neben den (z.B. via Datastream erhältlichen) Finanzkennzahlen vor allem die zwischen 2005 und 2011 von TNS Infratest in unserem Auftrag erhobenen Reputationsdaten für die DAX30-Firmen. In jeder der halbjährlich durchgeführten Erhebungswellen haben 1.500 – 2.000 repräsentativ ausgewählte Personen aus der breiten Öffentlichkeit Deutschlands mehrere Unternehmen anhand von sechs Reputationsindikatoren (Schwaiger 2004) bewertet, die nicht nur die einem Unternehmen zugebilligte Kompetenz erfassen, sondern auch die subjektiv empfundene emotionale Verbundenheit mit dieser Firma.

In der Modellierung war darauf zu achten, das Endogenitätsproblem – weil Erfolg am Kapitalmarkt auch die Unternehmensreputation treibt, sahen sich die Forscher mit einem klassischen „Henne-Ei-Problem“ konfrontiert – in geeigneter Weise zu adressieren. Dies geschah, indem die via Befragung gemessene Reputation in einen durch vergangene finanzielle Performance erklärbaren Teil („finanzielle Reputation“) und in einen davon unbeeinflussten Teil („idiosynkratische Reputation“) aufgespalten wurde. Die DAX30-Unternehmen wurden dann in Portfolios von Firmen mit überdurchschnittlicher bzw. unterdurchschnittlicher (sowohl finanzieller als auch idiosynkratischer) Reputation aufgeteilt und halbjährlich angepasst. Mit Hilfe eines erweiterten 4-Faktoren-Modells (Fama/French 1993, Carhart 1997) wurden die Aktienkörbe dann auf signifikante Überrenditen (d.h. abnormale buy-and-hold returns) geprüft. Die Portfolioanalysen der DAX30-Firmen zwischen 2005 und 2011 zeigen, dass unabhängig von der spezifischen Modellgestaltung und unabhängig vom verwendeten Benchmarkaktien mit überdurchschnittlicher Reputation signifikante Überrenditen (in einer Größenordnung von rund 0,6% bis 0,8% im Monat) erwirtschaften. Die im Übrigen sehr robusten Ergebnisse belegen, dass der Effekt von der idiosynkratischen Reputation getrieben wird. Firmen, deren Reputation nur auf vergangener Kapitalmarktperformance basiert, zeigen dagegen signifikante Unterrenditen.

In weiteren Analysen konnte zudem herausgearbeitet werden, dass eine Verbesserung der Reputation, unabhängig vom Ausgangsniveau, zu einer signifikanten Steigerung der künftigen finanziellen Performance führt. Unternehmen sind also gut beraten, mit ihrem immateriellen Vermögensgegenstand der Reputation sorgsam umzugehen: Eine gute Reputation wirkt nicht nur im Krisenfall wie ein Airbag, sie ist auch ein Treiber des Unternehmenswerts. Reputationsmanagement ist also gelebte Stakeholderorientierung, die auch dem Shareholder zugute kommt.

Quellen:

  • Raithel, S.; Schwaiger, M. (2015): The Effects of Corporate Reputation Perceptions of the General Public on Shareholder Value, in: Strategic Management Journal, 36(6), 945-956.
  • Schwaiger, M.; Raithel, S. (2014): Reputation und Unternehmenserfolg, in: Journal für Betriebswirtschaft / Management Review Quarterly, 64(4), 225-259.
  • Schwaiger, M. (2004): Components and Parameters of Corporate Reputation – an Empirical Study, in: Schmalenbach Business Review (sbr), 56, 46-71