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Alumni-Dialog vom 09.11.2023: „Erfolgreich durch die Krise - und danach: Was genau hat uns Corona gelehrt?“

23.11.2023

Unser Alumnus Dr. Rudolf Lütke Schwienhorst und Prof. Dr. Martin Högl lieferten das Thema des Abends: „Erfolgreich durch die Krise - und danach: Was genau hat uns Corona gelehrt?“

Dr. Rudolf Lütke Schwienhorst, der seit 2018 im Ehrenamt die Rolle des Präsidenten der gfo – Gesellschaft für Organisation e.V. ausübt, überraschte die Teilnehmer mit der Erkenntnis, dass man Krise lernen kann. Dies war eine der wichtigsten Erkenntnisse aus einem Forschungsprojekt, das er zusammen mit seiner Koautorin Prof. Dr. Heike Nettelbeck von der Hochschule Darmstadt zum Thema „Führung in Krisensituationen“ durchgeführt hatte. In Tiefeninterviews mit knapp 20 Top-Führungskräften der deutschen Wirtschaft haben die beiden erkundet, wie jene ihre Unternehmen durch die Pandemie-Krise geführt haben. Im Vergleich mit Führungslogiken aus Notfallorganisationen wie Feuerwehr, Polizei, Militär und Medizin war für sie zu erkennen, dass die besten Organisationen vor der Krise lernen, die zweitbesten in der Krise, die drittbesten nach der Krise und zu viele nie. Sie tun das besonders, in dem sie eine Krisenorganisation mit passenden Strukturen (z.B. Krisenstäbe), Prozessen (z.B. Aufklärungs- und Entscheidungsroutinen) sowie Kulturen (z.B. Krise ist Vorstandsthema) etablieren.

Wenn man also Krise erlernen kann, könnte es eine natürliche Konsequenz sein, dass „Krisenmanagement“ künftig ein selbstverständlicher Bestandteil der BWL-Ausbildung wird. Darüberhinaus, stellte sich den beiden Forschenden auch die Frage, weshalb so viele Menschen so viel Angst vor der Krise haben. Vermutlich hängt es nicht nur mit potenziellen Existenzbedrohung durch die Krise, sondern auch damit zusammen, dass sich bei den meisten Individuen in der Krisensituation das von Kahnemann („Schnelles Denken, langsames Denken“) so benannte System 1, das schnell, unbewusst und damit auch unbedacht agiert, selbst für zuständig erklärt. Dabei ist für die heutigen Krisen meist das System 2 anzuwenden, das ein systematisches und nachdenkliches Erkunden von Optionen ermöglicht, wie es in den komplexen Situationen der heutigen Zeit meist notwendig ist.

Ein weiterer Grund dafür, dass Krisen so stark angstbesetzt sind, dürfte darin liegen, dass sich die meisten Menschen ihres eigenen umfangreichen Erfahrungsschatzes aus der Bewältigung von Krisen nicht bewusst sind. Das rührt vermutlich auch daher, dass man i.d.R. nach dem Erlebnis der bewältigten Krise wenig Lust verspürt, den Schritt der Reflexion des Krisenerlebnisses zu leisten, der aber die Voraussetzung dafür bildet, dass das Erlebnis in eine Erfahrung transformiert wird, auf die die Personen anschließend gezielt zurückgreifen können. Ohne diese Reflexion, die mit einem erneuten Eintauchen in die z.T. schmerzlichen Gedanken und Gefühle der Krisensituation verbunden sind, verzichten die Beteiligten auf wichtige Erfahrungen, die ihnen helfen könnten, die Angst vor der nächsten Krise zu reduzieren. Auf diesem Wege könnte die Reflexion der eigenen Krisenerlebnisse für Individuen ebenso wie für Teams und Organisationen zu einer Schlüsselkompetenz für eine effektive Führung in herausfordernden Zeiten werden.

Prof. Dr. Martin Högl, Institutsdirektor des Instituts für Leadership und Organisation der LMU, setzte den Dialog fort und widmete sich den Herausforderungen der Post-Covid-Zeit. Unter dem Titel "Arbeiten von überall - Chancen und Risiken der ‚Anywhere Organization‘" stellte er fesselnde Fragen zur Zukunft der Arbeitswelt. Die Meinungen zum Homeoffice gehen sicherlich auseinander - viele finden es großartig, während andere die Meetings als weniger produktiv bewerten als im Büro. Prof. Högl brachte die Vor- und Nachteile deutlich zur Geltung und betonte dabei, dass Kommunikation einen entscheidenden Einfluss auf die Arbeitswelt hat. Die zentrale Frage bleibt: Unter welchen Umständen und wie kann ich mir eine "Anywhere Organization" leisten? Hierbei handelt es sich um eine Frage des Grads, wobei die Arbeitsleistung oberste Priorität hat.

Die Veranstaltung wurde durch eine angeregte Diskussionsrunde unter intensiver Beteiligung von Alumnus Prof. Dr. Herbert Henzler abgerundet, in der die Teilnehmenden die Gelegenheit nutzten, ihre Gedanken und Fragen zu teilen. Im Anschluss bot sich die Möglichkeit zum Networking, wo die Gäste die Erkenntnisse des Abends vertiefen und neue Kontakte knüpfen konnten.

Der Abend war geprägt von fachkundigen Perspektiven und lebhaften Diskussionen. Wir danken Dr. Rudolf Lütke Schwienhorst und Prof. Dr. Martin Högl sowie allen Teilnehmenden für einen lehrreichen Abend!

Die Vortragsfolien stehen unseren Mitgliedern im Alumni-Portal zur Verfügung.